In Meetings verbringen deutsche Führungskräfte viel Zeit. Die meisten schätzen dabei ein, dass es zu viel Zeit ist, die in Besprechungen nicht sinnvoll genutzt wird. Dazu habe ich bereits im ersten Teil berichtet. Doch Besprechungen haben noch eine soziale Funktion, die ausreichend Zeit braucht.
Besprechungen können effizient gestaltet werden. Das spart Zeit und damit Geld. Doch es kostet die Chance auf wertvolle Kommunikation und Information. Wissen in Unternehmen zu managen ist eine große Herausforderung. Besprechungen helfen Wissen zu teilen. Doch weitaus wichtiger sind die sozialen Interaktionen. Hier treffen sich Menschen, hier beschnuppert man sich und hier wird Politik gemacht und Hackordnung geklärt. Hier können Sie Ihre Wirkung zur Geltung bringen!
Um Besprechungen nicht nur effizient sondern auch in Hinblick auf soziale Aspekte sinnvoll zu nutzen, nachfolgend einige Tipps:
1. Vorstellungsrunde
Sind sich die Teilnehmer nicht alle bekannt, geben Sie unbedingt jedem Einzelnen eine kurze Gelegenheit, sich vorzustellen. Relevant sind Name, Position bzw. Funktion und die Aufgabe im Projekt und dieser Besprechung. Der Moderator achtet darauf, dass Lebenslaufdaten nur Schwerpunkt-mässig und kurz erwähnt werden.
2. Auf Befindlichkeit Einzelner achten
Ein Moderator hat auch die Aufgabe darauf zu achten, dass die Teilnehmer sich wohl fühlen. Müdigkeit, Konzentrationsmangel, Ablenkung oder Störungen wirken sich negativ auf das Kommunikationsverhalten, Entscheidungen und Ergebnisse aus. Dabei ist es nicht damit getan, dass Kaffee und Kekse auf dem Tisch stehen. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Die Teilnehmer müssen Gelegenheit gehabt haben, sich vorzubereiten, Fairness-Regeln von allen eingehalten, Störungen (z. B. Anrufe) ferngehalten werden. Kann der Moderator dies nicht erreichen, muss dies thematisiert werden.
3. Aufbauen von Rapport
Rapport ist ein Begriff, der im Englischen gang und gäbe ist, und bei uns in etwa mit harmonische Verbindung übersetzt werden muss. Menschen, zwischen denen Harmonie herrscht, die sich sympathisch sind, gleichen sich im Verhalten an. Und das kann man auch umgekehrt nutzen. In den meisten Ländern ist es unhöflich, sofort mit der Tagesordnung zu beginnen, wie das in vielen deutschen Unternehmen zu beobachten ist. Deutsche stossen damit im Ausland auch immer wieder auf Verwunderung. In vielen anderen Ländern ist es ein wichtiges Ritual, zunächst Small-talk zu machen, über banale Dinge zu reden oder gar (in arabischen Ländern) einen Tee zu trinken. Erst dann, oft recht spät, wird in das eigentliche Thema eingestiegen und die Tagesordnung besprochen. Der Vorteil liegt im Rapport: die Teilnehmer hatten Zeit, diese Verbindung untereinander aufzubauen. So haben sie sich auf der Beziehungsebene bereits verständigt und werden sich auf der Sachebene dann schnell und ohne Reibereien einig.
4. Selbstdarstellungen und Machtspielchen
Männer denken hierarchisch. Sie sind ständig damit beschäftigt um ihre Rangordnung zu kämpfen. Sie machen das weitgehend unbewusst. So geben Sie mit Können und Wissen an, um dem „Gegner“ zu zeigen: „Du hast ohnehin keine Chance gegen mich, lass Dich auf keinen Kampf ein“. Sie arbeiten mit Selbstdarstellungen an ihrer Karriere, knüpfen Seilschaften und demonstrieren Macht. Frauen finden das albern und halten sich raus. Ein Fehler. Denn damit sind sie draussen, wenn es um Aufstieg geht. Diese Spielchen sind relevant für die Karriere und für Aufstiegschancen im Unternehmen. Ist in Meetings dafür kein Raum, werden diese Spielchen eher unangenehm auf andere Art ausgetragen.
Sobald jemand mit seinen Selbstdarstellungs-Attitüden übertreibt, sich unfair verhält oder sich Teilnehmer untereinander streiten, ist es Aufgabe des Moderators einzugreifen.
5. Persönlichkeitstypen
Menschen sind unterschiedlich. Die einen brauchen mehr soziale Interaktion, die anderen brauchen schnelle und effektive Zielerreichung. Und wieder andere brauchen detaillierte Informationen und die Meinung anderer, bevor sie eine Entscheidung treffen können. Jeder dieser Menschen hat seine Vorteile und eine Aufgabe zu erfüllen. Trifft jemand, dem das schnelle Erreichen des Ziels — nicht so sehr die Gefühle Menschen — wichtig sind auf einen der stets darauf achtet, dass sich bei allen Entscheidungen sämtliche Beteiligten gut fühlen, kommt es zu beiderseitigem Unverständnis oder sogar zu Reibereien. Die Beteiligten müssen lernen, sich an den anderen anzupassen oder sich zumindest so weit in ihn hineinzuversetzen, dass sie seine Vorgehensweise verstehen lernen.
Es gibt Persönlichkeitsmodelle, wie die Persönlichkeitsanalyse, um herauszufinden, wie die unterschiedlichen Menschen fühlen, denken und handeln. Man kann lernen sich selbst und andere richtig einzuschätzen und sich entsprechend angepasst zu verhalten.
6. Zwischen den Zeilen lesen
In einer Organisation kann es nicht nur Harmonie geben. In einem Meeting können aufmerksame oder geübte Menschen beobachten, wie die Zusammenarbeit in Projekten und Teams funktioniert. Wer macht eigentlich tatsächlich die Arbeit, wer profitiert von der Leistung anderer? Wo gibt es Probleme, wer kann mit wem gut? Wer ist eher für Führungspositionen geeignet, wer braucht eher Führung? Eine Besprechung ist die beste Möglichkeit, das zwischen den Zeilen gezeigte Sozialleben herauszuhören. Geben Sie als Moderator dafür ausreichend Raum.
7. Geeigneten Rahmen schaffen, I.
Nicht jede Besprechung ist für den Besprechungsraum geeignet. Nicht umsonst ist der Golfplatz oder ein edles Restaurant beliebter Ort für wichtige Geschäfte. Die Atmosphäre sorgt für eine angenehme Stimmung bei den Beteiligten. Sobald das Gespräch heikel wird, kann das Thema sofort auf den letzten Putt oder den vorzüglichen Wein gelenkt werden und alle sind sich schnell wieder einig. Auch die Machtspielchen, die insbesondere Männer wichtig sind, können auf das Spiel verlagert werden, so dass das Thema nicht darunter leidet.
8. Geeigneten Rahmen schaffen, II.
Um in einer Besprechung aktiv den menschlichen Aspekt zu nutzen, ist es hilfreich keine Frontal-Situation zu schaffen. Dies bedeutet im kleinen Rahmen, dass man sich nicht gegenüber sitzt, sondern über Eck. Wobei der „Chef-Sessel“ am Kopf des Tisches wiederum eine Macht-Position symbolisiert, die nur gezielt eingesetzt werden soll. Am Fuss des Tisches laufen Sie weniger Gefahr Ihr gegenüber zu dominieren. Im größeren Kreis halten Sie die Sitzordnung gemischt, es sollten sich die Parteien nicht gegenüber sitzen, sondern beide Parteien sollten sich durchmischen.
Trifft sich ein Team sollte der Moderator — nicht der Vorgesetzte — am Kopf sitzen. Eine bessere Atmosphäre ergibt sich übrigens, wenn einen Stuhlkreis ohne Tisch bilden. Dies geht nur, wenn die Teilnehmer wenig schreiben müssen (oder entsprechende Schreibunterlagen haben). Ein Tisch wirkt wie eine Barriere, denken Sie an einen Richter-Tisch. Gibt es diese Barriere nicht und ist der Blick auf den ganzen Körper und seine nonverbale Kommunikation frei, fühlen sich die Teilnehmer auch emotional näher.
9. Geeigneten Rahmen schaffen, III.
Um gezielt in Teams eine Atmosphäre des Vertrauens und des kommunikativen Austausches zu schaffen gibt es Möglichkeiten, die bis hin zu großen Gruppen von mehreren hundert Abteilungsmitgliedern funktionieren.
Machen Sie es zum Ritual, dass sich Ihr Team regelmässig ohne Agenda trifft. Bei kleinen Teams kann das schon das gemeinsame Mittagessen in der Kantine oder beim Italiener um die Ecke sein.
Für große Gruppen schaffen Sie einen Rahmen ähnlich der World Café-Technik: In einem Raum treffen sich alle Mitglieder an Stehtischen. Ein Thema ist vorgegeben, z. B. etwas das Team oder Projekt betreffendes. Die Gruppen an den Stehtischen reden darüber, Notizen und Ergebnisse werden auf die Papiertischdecke geschrieben. Nach 20 Minuten wechseln alle den Tisch, bis auf einen „Tisch-Gastgeber“. Dieser informiert nun 3—5 Minuten seine neuen Gäste und die neue Gruppe redet anschließend weitere 15—20 Minuten über das Thema oder eine darauf aufbauende Frage. Dieser Wechsel findet so oft statt, bis an jedem Tisch 3 bis 5 unterschiedliche Gruppen zusammengetroffen sind. Die Ergebnisse werden anschliessend im Plenum zusammengetragen oder per Protokoll allen zugänglich gemacht. Dadurch kommen sich einerseits die unterschiedlichen Teammitglieder näher und andererseits werden schnell Wissen bzw. Meinungen und Stimmungen verbreitet.
10. Fair und neutral sein
Als Moderator ist es Ihre Aufgabe sich allen Anwesenden gegenüber fair und neutral zu verhalten, Nur so können Sie mit Akzeptanz und Vertrauen rechnen. Dies bedeutet, dass auch Rangniedere angemessen Raum bekommen und nicht nur Führungskräfte zu Wort kommen. Die Meeting-begeisterten Schweden schätzen diese demokratische Grundhaltung am meisten in ihren Besprechungen.
Es kommt also nicht immer darauf an, in Meetings schnell alle Tagesordnungspunkte durchzuziehen und schnellstmöglich zu Entscheidungen zu kommen. Sie dienen dem sozialen Austausch in Teams oder auch der menschlichen Annäherung an den Kunden. Letztlich — glauben Sie mir — werden Ihre Meetings effizienter, wenn sie ihnen die nötige Luft zum Atmen lassen.
>>> Besprechungen effizient gestalten, Erster Teil
>>> Persönlichkeitsanalyse der vmt
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