Wir kennen Sie alle: die Schlagzeilen der Boulevard-Presse. Bild, Abendzeitung, Express, Abendblatt oder wie sie heissen. Ob wir sie mögen oder nicht: sie funktionieren, sie verkaufen! Überschriften von Artikeln, Vorträgen oder PowerPoint Folien erzeugen mehr Spannung, wenn sie mehr als eine Inhaltsbeschreibung sind.
Überschriften müssen animieren weiter zu lesen, müssen animieren den Vortrag zu besuchen oder müssen animieren dem Präsentator mit gespitzten Ohren zu lauschen. Verrät die Schlagzeile alles, gibt es keinen Grund mehr weiter zu lesen oder zuzuhören. Langweilig ist sie dann obendrein. Dabei sind es immer die selben Prinzipien, mit denen die Profis arbeiten.
Direkte Rede — lassen Sie jemanden etwas sagen oder „Laut“ denken. Das funktioniert nur, wenn eindeutig ist, wer hier spricht oder denkt und wenn die Worte in Anführungszeichen stehen. Die Headline „Ackermann: ‚Nie mehr Peanuts!’” wirkt durch die dazu entstehenden Bilder – obwohl nicht Ackermann bei der Schneider-Pleite über die Peanuts sprach.
Fragen — wirken auf zweierlei Art. Als Frage regen Sie den Leser an, die Antwort zu finden oder darüber nachzudenken – oder diese im Artikel zu suchen. „Wird Klinsi Trainer?“ ist diese Art der Frage. Der andere Trick mit dem Fragezeichen ist der, eine Behauptung aufzustellen, die durch das Fragezeichen dezent als Vermutung zu erkennen ist: „Angelina Jolie schwanger mit Zwillingen?“, wobei nicht selten das Fragezeichen besonders klein, schmal und unauffällig gesetzt wird.
Ausrufe — „Rom brennt!“ ist die kürzeste Form, die alles erzählt und die so auch jemand ausrufen würde, der diese Nachricht mündlich übertragen würde. Das Rufzeichen darf dabei nicht fehlen, es erzeugt ebenso Lautstärke, wie es große und versale Lettern tun.
Satzzeichen — Rufzeichen, Fragezeichen, Doppelpunkte und Gedankenstriche spielen eine wichtige Rolle. Sie erzeugen den Ton des Satzes, doch insbesondere diese vier steigern die Bedeutung und Erhöhen damit die Chance, dass der Leser neugierig wird.
Bildhafte Vergleiche — Dieter Bohlen redet manchmal in Schlagzeilen. Dabei verwendet er genau diese Technik: „Bei Dir kommt auch kein Echo zurück, weil sogar das Geschmack hat“ ist sicher nicht sehr nett, doch das ist die Sprache der Schlagzeilen, die neugierig machen.
Übertreibungen — und dabei sind wir auch bei Übertreibungen, denn der Echo-Vergleich ist natürlich eine maßlose Übertreibung, die ihre Wirkung nicht verfehlt.
Gefühlsäußerungen — „Jetzt reicht’s: Benzin schon wieder rauf!“ Hier erzeugen nicht nur der Doppelpunkt, und das Rufzeichen Wirkung, sondern die ersten beiden Worte sprechen die Emotionen aus, die entweder viele haben oder in diesem Moment bekommen sollen. Es wird Stimmung gemacht und so eine emotionale Verbindung zum Leser hergestellt.
Solidarisierung — wird gerne im Sport eingesetzt, doch erinnern Sie sich noch an die Headline „Wir sind Papst!“? Eine der stärksten Überschriften der Bild, die sogar in den alltäglichen Sprachgebrauch einging und sich fast jeder gemerkt hat.
Redewendungen — können im Original-Wortlaut oder mit einer kleinen Umformulierung funktionieren: „Das haut doch glatt den stärksten Lehrer um“ erzeugt sofort die Erinnerung und ein Schmunzeln beim Leser, Neugierde garantiert.
Handlungswörter statt Hauptwörter — Natürlich gibt es die „Trennung“ oder die „Scheidung“ in Überschriften, doch „XY trennt sich vom Mann“ ist aktiver und persönlicher und wirkt lebendiger und stärker.
Humor — funktioniert nicht immer, da Humor sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Doch gibt es gerade durch Übertreibung, Assoziationen oder Zweideutigkeit durchaus Möglichkeiten mit wenigen Worten witzig zu sein: „Heidi ärgert sich schwarz“ (über Seal?) ist zwar gefährlich, erzeugt aber sicher ein Schmunzeln aufgrund der doppelten Bedeutung.
Überraschungen — „Ösi-Trainer verbietet den Sieg“ Das habe ich mir nicht selbst ausgesucht, das steht, bezogen auf den österreichischen Trainer („Ösi“ ist ja schon frech!), so in der Abendzeitung vor dem Spiel gegen Deutschland. Wer würde so ein Verbot erwarten?
Diese Liste kann sicher noch fortgesetzt werden. Häufig funktioniert eine Überschrift auch erst in Kombination mit Bild (denken Sie an den „Umfaller“ samt Bild von liegendem Kohl) und der richtigen Typografie. Dabei gilt die Regel, möglichst weniger als fünf Worte zu verwenden. So wird sicher gestellt, dass die Worte mit einem Blick erfasst werden können. Gerade auch für Vortrags-Folien ein wichtiges Kriterium.
Ihr Fachartikel, Ihr Vortrag, Ihre Präsentation sind nicht die Boulevard-Presse. Doch Sie können von der Presse lernen und Ihre eigenen Überschriften nutzen um Spannung und Neugierde zu erzeugen. Spannung und Neugierde sind immer der Schlüssel zu mehr Aufmerksamkeit.
Kennen Sie besonders prägnante Vorher-/Nachher-Beispiele? Dann freue ich mich über Ihre Mail oder einen Eintrag hier als Kommentar.
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