Im Standard (Österreichische Tageszeitung) gibt es einen aktuellen Bericht, dass Lampenfieber heilbar sei. Insbesondere Berufsmusiker seien davon betroffen und das Universitätsklinikum Bonn habe jetzt eine Therapie. Aha! Ist Lampenfieber überhaupt eine Krankheit? Ich denke, dass es im Artikel zu wenig differenziert betrachtet wird.
Doch ist das eine Krankheit? Nein. Doch es kann, und insofern hat das Klinikum recht, zu starken Angstzuständen kommen, die in den Bereich der psychischen Erkrankungen gehören könnten. Das ist jedoch definitiv die Ausnahme. Meistens handelt es sich um Reaktionen in normalen Ausmaß. Dagegen helfen viele Techniken, von denen Sie einige hier in meinem Blog finden (nach unten scrollen). Es gibt weitere und jeder muss für sich herausfinden, was für ihn am besten hilft. Auch die Aussage vieler Künstler, sie bräuchten Lampenfieber, um gut zu sein, ist letztlich eine Technik. Hier wird dem Lampenfieber einfach eine andere Bedeutung gegeben.
Interessant ist auch, wenn ich meine Teilnehmer im Seminar beobachte: Sollen Sie mal eben das Ergebnis einer Übung präsentieren, sind sie selten aufgeregt. Machen Sie eine „Präsentations-“übung und trägt diese die offizielle Bezeichnung „Präsentation“, beginnt sofort das Lampenfieber. Das zeigt, wie sehr es eine reine Frage der Gedanken sein kann und im Großteil aller Fälle auch ist. Auch die Tatsache, dass bei fast allen Teilnehmern sich die Aufregung nach wenigen Minuten legt, ist ein Beleg dafür.
Andererseits habe ich es tatsächlich schon erlebt, dass Lampenfieber so stark an die Psyche geht, dass es sich um mehr als nur „normales“ Lampenfieber handelt. In diesen Fällen ist meist eine entsprechende Prägung verantwortlich. Das kann in der Kindheit oder in einer „blamablen“ Situation oder auch in einer anderen (individuell unterschiedlichen) Prägung entstehen. Die Frage ist nun, ob eher klassische Therapien aus der Psychoanalyse oder Verhaltenstherapie sinnvoll sind, oder eine NLP-Intervention. Letztere fällt in Deutschland nicht unter Therapie (Psychotherapeutengesetz), die Erfahrungen damit sind jedoch durchwegs positiv und oft schneller und zielgerichteter. Das hören Therapeuten natürlich nicht gerne, fehlt Ihnen doch (bisher) die klinische Evidenz.
Lampenfieber kann sehr unterschiedlich ausfallen. Insofern halte ich die Überschrift und den Inhalt des Standard-Artikels (der sich wie eine Pressemitteilung der Universitätsklinik liest) für gefährlich. Alleine die Möglichkeit, dass sich jeder, der unter Lampenfieber leidet als „krank“ eingestuft fühlen könnte, missfällt mir.
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Da sieht man wieder welche Macht das Wort hat!
Kommentiert von: Petra Pinker | 30. November 10 um 23:15 Uhr
Ja, es ist ziemlich witzig, was das oft für einen Unterschied macht. Wobei es nicht die Worte, sondern die Gedanken im Kopf der Teilnehmer sind. Mit der richtigen Wortwahl kann man das tatsächlich steuern. Viel Erfolg dabei!
Kommentiert von: Michael Moesslang | 29. November 10 um 10:02 Uhr
Danke für diesen tollen Tipp! Ich werde nun in meinen Lehrlings-Seminaren auch mehr darauf achten, dass ich statt "präsentieren" einfach "vorstellen der Ergebnisse" sage.
Kommentiert von: Petra Pinker | 29. November 10 um 09:15 Uhr