Immer mal wieder werde ich gefragt, ob denn Präsentationen ohne PowerPoint überhaupt noch akzeptiert werden. PowerPoint wird von vielen als „Muss“ wahrgenommen, es sei schließlich so üblich im Unternehmen oder auf Kongressen. – Na und?
1. Was würde passieren, wenn Sie darauf verzichten?
Ganz einfach: Nichts! In den meisten Fällen gibt es niemanden, dem PowerPoint-Folien fehlen würde. Denn es gibt nur wenige Einsatzgebiete, bei denen Sie kaum auf PowerPoint verzichten können, siehe Punkt 2. Stattdessen heben Sie sich vom Standardfolienvortrag positiv ab. Nahezu jeder Präsentator, der ohne Folienprojektion arbeitet, spricht lebendiger, ist mehr bei sich und dem Publikum. Das spürt das Publikum und es bekommt die Inhalte verständlicher und leichter verdaubar geliefert.
2. Können Sie darauf verzichten?
Folien brauchen Sie nur dann wirklich, wenn Sie etwas Konkretes zeigen wollen: Fotos, Pläne oder sonstige Abbildungen, die fürs Flipchart nicht geeignet sind. Doch sogar da stößt PowerPoint schnell an seine Grenzen. Auf Plänen, die zu sehr ins Detail gehen, verzichten Sie lieber und skizzieren stattdessen die wesentlichen Dinge Schritt für Schritt ans Flipchart. So kann Ihnen das Publikum folgen und muss sich nicht in einem Wirrwarr an Informationen zurecht finden, die es in diesem Moment zum ersten Mal sieht.
3. Was sind die Alternativen?
Ich spreche natürlich nicht von den alternativen Produkten aus der Welt von Apple, Google, Open Office oder Prezi. Da ist nur die Software anders, die Idee ist dieselbe. Politiker arbeiten ohne PowerPoint mit der freien Rede. Solange Sie für das Nachbereiten, da wo es nötig ist, ein Handout bieten, ist die freie Rede ohne Folien durchaus eine bessere Alternative. Ausnahmen gibt es da, wo Sie eben ein Bild oder Ähnliches zeigen müssen, siehe Punkt 2. Doch ein Bild heißt ja nicht, dass der ganze restliche Vortrag Folien benötigt.
Der Trugschluss, dass das Mitlesen auf den Folien das Gehörte bei den Teilnehmern verstärkt ist längst wissenschaftlich widerlegt. Im Gegenteil: Die Folien lenken vom Zuhören ab und die Worte vom Lesen und so ist das Publikum eher verwirrt oder zumindest unkonzentriert. Stattdessen ist eine lebendige Körpersprache als visuelles Hilfsmittel wesentlich wichtiger fürs Verstehen und Merken. Dazu habe ich schon berichtet.
Als Medien sind Alternativen zu Folien natürlich FlipChart, Pin-Wand und Demo-Objekte zum Vorzeigen oder Anfassen sinnvoll. Überlegen Sie auch, ob Sie die Teilnehmer aktivieren können und sie vom Stuhl bekommen. Sei es mit kurzen Gruppendiskussionen oder -übungen oder sei es, weil Sie sie zu einem anderen Platz im Raum führen, an dem beispielsweise ein Plakat hängt oder ein Demo-Objekt liegt.
Bei großem Publikum ist das Flipchart natürlich nur noch bedingt geeignet. Bis zirka 100 Teilnehmer (Kinobestuhlung) oder rund 50 (Parlamentarisch) geht es mit großer Schrift und dicken Stiften problemlos. Eine Pin-Wand bietet eine noch größere Fläche. Danach ist entweder der Einsatz einer Videoübertragung auf eine große Leinwand sinnvoll, oder Sie arbeiten mit einer Technik, die langsam verbreiteter ist: Visualizer, bei denen Sie auf einem Stück Papier malen und dies auf die Leinwand übertragen wird, ähnlich einem Overhead-Projektor, nur besser. Wobei sogar Overhead-Projektoren immer noch eine gute Alternative sein können. Das Mitschreiben und -zeichnen ist in jedem Falle lebendiger und nachvollziehbarer fürs Publikum als fertige Folien.
4. Welche Nachteile bringt das Präsentieren ohne PowerPoint?
Fürs Sprechen und Verstehen keine. Im Gegenteil, Ihr Publikum kann sich voll auf Sie konzentrieren und auch Sie werden nicht durch die Folien abgelenkt. Schließlich soll es schon vorgekommen sein, dass Präsentatoren immer wieder zur Wand geblickt haben, um ihre eigene Folie anzuhimmeln. Zudem gibt eine Folien-Präsentation eine feste Struktur vor. Das kann durchaus auch von Nachteil sein. Denn Sie können kaum spontan auf Interesse und Reaktionen Ihres Publikums reagieren und Ihre Inhalte anpassen.
Natürlich klappt die am meisten angewendete Präsentationstechnik dann nicht mehr: Der ganze Text steht auf den Folien und der Präsentator braucht ihn nur vorzulesen – Vorbereitung gespart! Da Sie diese Methode sicher schon häufig als Zuhörer als ohnehin extrem langweilig erlebt haben, erkennen Sie nun einen weiteren Vorteil vom „Naked Presenting“, dem nackten Präsentieren: Nackt bedeutet in diesem Zusammenhang im Amerikanischen ohne Hilfsmittel.
Ein kleiner technischer Nachteil, für den es aber eine einfache Lösung gibt: Es gibt Veranstaltungen auf denen Sie vielleicht präsentieren, bei denen im Hintergrund eine Leinwand ständig angestrahlt wird. Wenn Sie nichts liefern, ist dort vielleicht die ganze Zeit über eine Titelfolie des Veranstalters zu sehen. Ich möchte das nicht immer. Wenn ich ohne Folien präsentiere, gebe ich dem Veranstalter deshalb eine Folie mit meinem Logo oder einem Foto (z. B. das mit dem Hitchcock-Schatten). Wichtig ist mir dabei, dass die Folie nicht allzu hell ist, sonst stehe ich im Gegenlicht. Und übrigens: Ich dachte zunächst, das könnte angeberisch wirken, wenn die ganze Zeit mein Portrait im Hintergrund in 3 Meter Größe zu sehen ist. Nein, die Reaktion des Publikums war durchwegs positiv und ich bin mehrmals darauf angesprochen worden, dass das eine gute Idee war.
5. Und was sagt das Publikum zum Verzicht auf PowerPoint?
Das liebt es. Punkt.
>>> Die 7 Tod-Sünden mit PowerPoint
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Graphic Recording würde mir spontan noch einfallen. Ein Zeichner, der parallel zum Vortrag die wichtigsten Fakten und Argumente im Comic-Stil auf einer Leinwand zusammenfasst. Weckt Aufmerksamkeit und nach eigener Erfahrung gehen die meisten Teilnehmer am Ende der Veranstaltung noch mal zum Bild, um es sich anzuschauen und auch zu diskutieren.
Kommentiert von: Andreas | 27. November 12 um 13:21 Uhr
Vielen Dank für diesen Beitrag! Ich bin jedes Mal froh, wenn ich tatsächlich einmal eine Präsentation ohne PowerPoint hören darf und sich herausstellt, wie gelungen solche Vorträge sind.
Kommentiert von: Anne H | 30. November 11 um 19:29 Uhr
Der Visualizer ist sicher ganz gut, allerdings muss der Presenter ihn in der Regel selbst mitbringen. Eine gute Alternative sind TabletPCs mit aktiven Digitizer und Microsofttechnik. Denn dann brauchen wir nur einen normalen Beamer.
In Windows Journal oder One Note kann der Redner endlos schreiben und am Ende gibt es für die Teilnehmer ein PDF.
Kommentiert von: Kai-Jürgen Lietz | 30. November 11 um 14:19 Uhr